Mächtiger Buntsandstein-Schachtbrunnen in Franken

Antworten

Topic author
Markus-Brunnen
Beiträge: 5
Registriert: Fr 16. Sep 2022, 08:48

Mächtiger Buntsandstein-Schachtbrunnen in Franken

Beitrag von Markus-Brunnen » Fr 16. Sep 2022, 11:17

Liebe Brunnenbau-Faszinierte,


zunächst möchte ich ein großes Lob für dieses Forum aussprechen - sehr interessante Beiträge und Bilddokumente sind hier zu finden!

Seit einigen Monaten bin auch ich von einer Faszination für historische Schachtbrunnen eingenommen, die natürlich auch immer wieder von Fragen begleitet wird. Ich komme auch gleich zum Hintergrund:

Vor einigen Monaten habe ich auf meinem alten Gehöft (Franken/Nordbayern), das ich vor gut 15 Jahren erworben habe, einen langjährig verschlossenen und teilweise verfüllten Brunnenschacht wieder freigelegt. Der Brunnen war nur noch anhand alter Karten zu erahnen und zu lokalisieren, da er vor Jahrzehnten mit einer armierten Betonplatte abgedeckt und unter einer einheitlichen Naturstein-Pflasterdecke versteckt lag. Nach einigen Probebohrungen war klar, dass der Schacht offenbar noch nicht vollständig verfüllt wurde und noch verhanden sein musste. Nach dem Abbruch von Pflaster und Betondecke kam ein echtes Prachtstück zum Vorschein: Ein Buntsandstein-Schacht, akkurat gesetztes Trockenmauerwerk, behauen, mit einem Innendurchmesser von ziemlich genau 1,30 m. Leider hatte man in der Vergangenheit offenbar nichts Besseres im Sinn, als den Schacht mit Müll, Schutt und Aushub bis auf etwa 4,00 m unter GOK zu verfüllen und zu guter Letzt auch noch den Naturstein-Brunnen-Ring mit roher Gewalt zu zertrümmern und hinterher zu werfen :shock: :shock:
Dennoch war die Begeisterung groß und die Freilegung des Schachtes für mich keine Frage. Etwa 3,00 m Schutt, Erde und Müll mussten raus, bis die Brunnensohle erreicht war. Dabei war ab einer Tiefe von etwa 5,60 m unter GOK dauerhaftes Pumpen nötig, um den Schacht beräumbar zu halten. Der Wasserzutritt erfolgt zum Einen über die offenen Fugen, zum Anderen über die Brunnensohle. Am Grund bin ich auf einen achteckigen Holzbalken-Rost gestoßen (ich vermute Lärchenholz), auf dem der Schacht aufsitzt und der - wie das Mauerwerk auch - in einem beeindruckend guten Zustand ist (offenbar stets unter Luftabschluss). Ebenfalls beeindruckend ist die Wasserführung des Brunnens, denn über die gesamten (extrem trockenen) Sommermonate führte der Schacht immer ausreichend Wasser. Wasserstand im März: etwa 1,25 m; Wasserstand Anfang September: 0,65 cm. Soviel zum Sachstand - hier einige Bilder vom Brunnen :) :

Bild

Bild

Bild

Für mich haben sich aber auch ein paar Fragen ergeben, die ich gerne mal in die Runde stellen möchte - evtl. hat dazu jemand Tipps/Ideen:

1. Angesichts der Konstruktionsweise (behauenes Sandsteinmauerwerk mit 1,30(!) m Innendurchmesser, trocken gesetzt auf Holzbalkenrost) und des Alters des angrenzenden Gebäudes würde ich den Brunnenschacht in die Zeit um 1850 einordnen. Der älteste Kartenhinweis auf den Brunnen stammt aus dem Jahr 1880 - zu diesem Zeitpunkt muss er also bereits vorhanden gewesen sein. Liege ich mit der Einordnung hier richtig, oder würdet Ihr das Alter anders einschätzen? Nachdem das Gehöft an sich noch deutlich älter ist (16. Jahrhundert ist belegt), wäre es evtl. auch denkbar, dass der Brunnenstandort älter ist und im 19. Jahrhundert ausgebaut/erneuert wurde.

2. Der achteckige Holzkranz scheint ausschließlich auf sehr weichem Grund aufzusitzen; an einigen Stellen konnte ich problemlos die Hand unter die Holzschwellen drücken :? . Der Rost scheint auch nur einlagig sein, d.h. darunter kommt offenbar nichts mehr. Sollten hier evtl. einige Natursteine unter die Balken getrieben werden?

3. Die Brunnensohle ist derzeit weitgehend offen, mit einzelnen Bruch-Sandsteinen durchsetzt. Sollte ich die Sohle flächig mit Bruchsandsteinen auslegen/verspannen, um mehr Stabilität und "Gegendruck" zu schaffen?


Ich würde mich freuen, wenn Ihr dazu ein bisschen feedback aus Eurer Erfahrung heraus geben könntet ;)


Viele Grüße aus dem Frankenland und ein schönes Wochenende!


Markus
Benutzeravatar

Plunschmeister
Beiträge: 4235
Registriert: Do 1. Aug 2013, 18:11

Re: Mächtiger Buntsandstein-Schachtbrunnen in Franken

Beitrag von Plunschmeister » Sa 17. Sep 2022, 09:57

Hallo Markus und willkommen bei uns im Forum!

Um 1850 wurden die Brunnen eigentlich nicht mehr von unten nach oben gebaut. Ich persönlich würde den Brunnen tatsächlich mit dem Gehöft in Verbindung bringen. 16.Jhd. bis 17.Jhd. könnte passen.
Mal das Holz unten aus dem Brunnen-Rost analysieren lassen.
Wie sah denn der Brunnenring aus, kann man das was rekonstruieren?
„Das Wasser ist die Kohle der Zukunft" Jules Verne (1870)
* 2712193509122015*
Gruß PM

Topic author
Markus-Brunnen
Beiträge: 5
Registriert: Fr 16. Sep 2022, 08:48

Re: Mächtiger Buntsandstein-Schachtbrunnen in Franken

Beitrag von Markus-Brunnen » Sa 17. Sep 2022, 16:57

Hallo PM!

Danke für Deine Antwort!

Ist die Gleichmäßigkeit des Mauerwerks und der recht große Innendurchmesser von 1,3 m nicht eher untypisch für das 16./17.Jhdt? Auch wenn es mich natürlich freuen würde :D
Woran machst Du es denn fest, dass der Brunnen von unten nach oben angelegt wurde? Oje, Fragen über Fragen :D
Bzgl Brunnenring: ein großes Bruchstück konnte ich mit meinem Kran bergen. Es war offenbar ein sehr niedriger Brunnenring aus gelbem Sandstein (nicht aus der Region). Ich denke das Stück ist nicht original. Es gibt ein Foto von 1942, auf dem an der Stelle des Brunnens eine große Schwengelpumpe zu erahnen ist - ich denke der Ring stand nur wenig über dem Pflaster... Ich suche noch ein Bild raus von dem Bruchstück 😉

Viele Grüße!
Benutzeravatar

Plunschmeister
Beiträge: 4235
Registriert: Do 1. Aug 2013, 18:11

Re: Mächtiger Buntsandstein-Schachtbrunnen in Franken

Beitrag von Plunschmeister » So 18. Sep 2022, 10:10

Moin Markus,
Ist die Gleichmäßigkeit des Mauerwerks und der recht große Innendurchmesser von 1,3 m nicht eher untypisch für das 16./17.Jhdt? Auch wenn es mich natürlich freuen würde
Eigentlich nicht, es wurden auch andere Durchmesser und Tiefen erreicht. Ungewöhnlich sind Durchmesser und Tiefe für ein Trockenmauerwerk. Hier wurden immer Durchmesser von 1m und Tiefen von 5m genannt, da bis zu diesen Abmaßen die Ringspannung noch wirken soll. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel.
Woran machst Du es denn fest, dass der Brunnen von unten nach oben angelegt wurde?
Die Holzunterlage (Brunnenrost) und die Trockenmauerung. Die Senktechnik, die es bereits seit dem 19 Jh. gab, konnte so nicht angewendet werden. Auch eine Trockenmauerung von oben nach unten war so nicht möglich.Vermutlich aber kannte bereits die Römer diese Senktechnik. Die Steinsetzung erinnert mich auch stark an deren Technik. Haben die dort mal gesiedelt? :mrgreen:


Insgesamt wurden Brunnen ja gleich bei einer Besiedlung mit angelegt. Oft befanden sich diese direkt in Bauten oder zumindest innerhalb der Einfriedung der Siedlung.
Anhand der verwendeten Materialien, würde ich sagen, dass der Brunnen früher sehr wichtig war - wobei sich diese auch von Region zu Region unterscheiden. Wenn Sandstein in der Region vorkommt, dann wird dieser natürlich auch i.d.R. verwendet.
Brunnenbau hat aber auch früher bereits Geld gekostet, nicht jeder konnte sich einen solchen Brunnen leisten. Was befand sich denn dort früher für ein Gehöft.
„Das Wasser ist die Kohle der Zukunft" Jules Verne (1870)
* 2712193509122015*
Gruß PM

Topic author
Markus-Brunnen
Beiträge: 5
Registriert: Fr 16. Sep 2022, 08:48

Re: Mächtiger Buntsandstein-Schachtbrunnen in Franken

Beitrag von Markus-Brunnen » So 18. Sep 2022, 13:09

Hallo Pm!

Danke für Deine Erklärungen! Der Bau von unten nach oben leuchtet mir jetzt schon eher ein 👍😉

Also wir liegen hier nordöstlich des Limes, daher denke ich, dass sich da kein Römer längerfristig herverirrt hat 😉😊 Aber die Siedlungsgeschichte des Fleckens ist dennoch recht umfangreich und kompliziert: Ersterwähnung des Ortes im 8. Jahrhundert, wobei das Gelände des Gehöftes zum ältesten Teil zählt. Die heute teilweise erhaltene Bebauung stammt aus dem 14., 16. und 19. Jhdt. und geht auf ein Fürstengeschlecht, die Kirche und das Königreich Bayern zurück. Der Brunnen liegt zentral im befestigten Hof, könnte früher aber auch in ein Gebäude eingebunden gewesen sein. Zweifelsfrei war das Gelände über Jahrhunderte von Bedeutung...

Sollte ich denn bzgl Sicherung der Brunnensohle und des Holzkranzes noch etwas unternehmen?

Bild vom Brunnenring kommt noch... 👍

Viele Grüße!

Topic author
Markus-Brunnen
Beiträge: 5
Registriert: Fr 16. Sep 2022, 08:48

Re: Mächtiger Buntsandstein-Schachtbrunnen in Franken

Beitrag von Markus-Brunnen » So 18. Sep 2022, 14:26

Hallo zusammen!

Hier nun auch nochmal ein Bild von den geborgenen Teilen des ehemaligen Brunnenrings:

Bild

Die beiden großen Teilstücke liegen hier auf der Oberseite. Anhand des ansonsten geborgenen Materials kann ich sagen, dass der Ring sicher nicht mehr als 30 cm über GOK herausstand. Leider ist das gute Stück derart zertrümmert worden, dass ich ihn nicht aus vorhandenem Material rekonstruieren kann.


Grüße!

Markus
Benutzeravatar

Plunschmeister
Beiträge: 4235
Registriert: Do 1. Aug 2013, 18:11

Re: Mächtiger Buntsandstein-Schachtbrunnen in Franken

Beitrag von Plunschmeister » So 18. Sep 2022, 19:19

Sollte ich denn bzgl Sicherung der Brunnensohle und des Holzkranzes noch etwas unternehmen?
Du kannst eine ca. 20 cm starke Rollkiesschicht auf die Brunnensohle aufbringen.
„Das Wasser ist die Kohle der Zukunft" Jules Verne (1870)
* 2712193509122015*
Gruß PM
Benutzeravatar

Thoralf
Beiträge: 725
Registriert: Di 21. Apr 2020, 08:28

Re: Mächtiger Buntsandstein-Schachtbrunnen in Franken

Beitrag von Thoralf » Fr 23. Sep 2022, 01:18

Markus-Brunnen hat geschrieben:
So 18. Sep 2022, 14:26
Leider ist das gute Stück derart zertrümmert worden, dass ich ihn nicht aus vorhandenem Material rekonstruieren kann.
Wenn Du Deinen wirklich schönen Brunnen ansehnlich rekonstruieren willst - vielleicht denkst Du mal über eine Neuanfertigung der fehlenden Steine nach? Falls hiesige Handwerker zu teuer sind, dann google mal nach Sandstein aus Poilen, es gibt da Anbieter, die auf Maß fertigen. Frag mal dort, vielleicht machen die aauch ringförmig geschnittene Steine? (ich weiß, man soll das heimische Handwerk unterstützen, die haben ganz andere Kosten zu stemmen. Also nur wenn es anders nicht geht)

LG
Thoralf
Der Elektroingenieur in mir meint: "Wasser braucht Strom" 8-)
Meine Projekte gibt es auch in meinem Blog:
https://blende-acht.blogspot.com/search/label/Brunnen
https://blende-acht.blogspot.com/search/label/Pumpe

Topic author
Markus-Brunnen
Beiträge: 5
Registriert: Fr 16. Sep 2022, 08:48

Re: Mächtiger Buntsandstein-Schachtbrunnen in Franken

Beitrag von Markus-Brunnen » Fr 23. Sep 2022, 06:41

Hallo Thoralf,

Danke für den Tipp! Ich warte momentan auf ein Angebot eines örtlichen Sandsteinbruchs - mal sehen was da rauskommt 😉 Habe einen Brunnenring, bestehend aus 4 Segmenten angefragt...
Alternativangebote werden da sicher nichts schaden 👍

Viele Grüße!
Benutzeravatar

Thoralf
Beiträge: 725
Registriert: Di 21. Apr 2020, 08:28

Re: Mächtiger Buntsandstein-Schachtbrunnen in Franken

Beitrag von Thoralf » Fr 23. Sep 2022, 21:43

N'Abend Markus,

das wäre sogar besser, weil das dann vermutlich der Original-Sandstein wäre.

Ansonsten muss ich noch einen Tippfehler korrigieren, meine Finger waren wohl zu dick. :) Es sollte selbstverständlich Polen heißen.

LG
Thoralf
Der Elektroingenieur in mir meint: "Wasser braucht Strom" 8-)
Meine Projekte gibt es auch in meinem Blog:
https://blende-acht.blogspot.com/search/label/Brunnen
https://blende-acht.blogspot.com/search/label/Pumpe
Antworten