1796 ersetzte der Franzose Joseph Michel Montgolfier den Wasserhahn der Pulsation Engine durch ein sich selbsttätig wieder verschließendes Ventil. Der Hydraulische Widder( Stoßheber, Wasserstößer, Belier hydraulique) wird zum ersten Mal in der Aufzeichnung der Académie de Sciences vom 14. Juli 1797 erwähnt.
Seine Versuche mit Widdern stellte Montgolfier u.a. in seinem Garten in Paris an. So betrug bei einem seiner Versuche das künstliche Gefälle
der Triebleitung 7 1/2 Fuß und deren Durchmesser 2 Zoll, die Zuflussmenge des Triebwassers in 4 min. 315 Liter, wovon 30 Liter auf 50 Fuß hochgepumpt wurden.
(1 Pariser Fuß = 144,00 Pariser Linien = 324,8394 Millimeter)
Ein Verhältnis von 100:64.
Die Brüder Montgolfier und Argant ( Miterfinder dieser "Maschine") erhielten am 03.November 1797 das Patent, im selben Jahr am 13. Dezember meldete der Engländer Boulton ein ähnliches Patent an.
Montgolfier bewarb seine Erfindung damit, dass diese bei der Trockenlegung von Bergwerken von Nutzen sei.[1]
Quelle: Widdersammlung Norbert Samweber
Montgolfier selbst entwickelte seine Erfindung ständig weiter, so sind bei dem in Saint Cloud in der Nähe von Paris zum Einsatz kommenden Widder zwei Windkessel verbaut worden.[2]
Abb. 1 von Montgolfier hergestellter Wasserwidder mit 2 Windkesseln
In etwa um 1825 wird bei der Beschreibung des Widders erwähnt, dass aufgrund von kleinen Veränderungen am Stoßheber selbst die Möglichkeit besteht "anderes Wasser, neben dem durch die Röhre selbst fließenden zu erheben". So wurde die Möglichkeit beschrieben Wasser aus Brunnen oder aus Schächten zu heben.
Es war hier bereits bekannt, dass man durch spezielle Anordnung und durch Hinzufügen von Ventilen oder Membrane mit dem Widder auch Wasser "Saugen" kann.Trieb- und das Förderwasser konnten sich so nicht vermischen.
Einen solchen "saugenden Widder" hatte bereits Boulton konstruiert (f. Journal des mines Bd. II)
Dem belgische Ingenieur Leblanc gelang es schließlich einen doppelt saugenden Stoßheber zu konstruieren, welcher zur Wasserhaltung beim Schleusen und beim Kai- und Brückenbau zur Anwendung kam. Dieser Widdertyp wurde 1858 in den Annales desponts et chaussees, 3. ser. 7, als auch im 5. Band des Civilingenieur beschrieben.[3]
Abb. 2 Doppelwirkender Saugwidder - Leblanc
"Bollée in Mans hatte einen Stoßheber auf die letzte allgemeine Londoner Industrie-Ausstellung geliefert, welcher sich durch mehrere neue Unordnungen bemerklich machte, deren Einfluß auf den guten Gang dieser Wasserhebungsmaschine wir gern zu bestimmen wünschten."[4]
Abb.3 Stoßheber von Bollée, rechts: Taucherventil
Das Luftventil ist durch eine Luftpumpe ersetzt. Statt des gewöhnlich angewendeten tellerförmigen Sperrventils ist ein Ventil angebracht, welches von Bollée Taucher-Ventil (clapet à plongeur) genannt wird.
Durch einen Ventilhebel kann ein im Verhältniß zur Druckhöhe, unter welcher die Maschine arbeiten soll, etwa zu großes Gewicht des Taucher-Ventils nach Belieben ausgeglichen werden.
Um 1860 kostete ein hydraulischer Widder ohne Triebleitung 50 Thaler, mit Triebleitung 70 Thaler.
Quelle: Deutsches Museum: Hydraulischer Widder, geschnitten, Oberbayern, um 1930, Hersteller: unbekannt
Dieser Widder versorgte bis 1968 drei Bauernhöfe am Chiemsee mit Trinkwasser.
Bei einem Gefälle von 3 m einem Wasserzufluss von 60 l/min und einer Förderhöhe von 30 m kann dieser Widder 3-4 l/min anheben.
Der hydraulische Widder:
Er kann in abgelegenen Gegenden, wie zB. Berghütten, Ferienhäusern, auf Grundstücken die an einem Fluss liegen oder Quellfassungen haben ohne jegliche Stromversorgung genutzt werden, um Wasser u.a. auch aus einem vorhandenem Wasserreservoir auf ein höheres Niveau zu pumpen.
Das Funktionsprinzip ist recht einfach und hat sich auch nach 200 Jahren nicht verändert:
Der Widder besitzt nur 2 Ventile (Stoßventil und Druckventil).
Durch eine Zuleitung (Triebleitung mit Gefälle) strömt Wasser z.B. aus einem Vorratsbehälter, der wiederum aus einer Quelle oder einem Fluss gespeist wird in den Widder ein und am anderen Ende durch ein Stoßventil wieder aus.
Das Stoßventil ist zunächst geöffnet (durch eine Feder oder durch Schwerkraft- hier wurde ursprünglich eine hohle Stahlkugel verwendet)
Nun passiert folgendes:
Die Geschwindigkeit des einströmenden Wassers wird durch die Schwerkraft derart beschleunigt, dass das ausströmende Wasser das Stoßventil schlagartig schließt. Die nachströmende Wassersäule trifft auf das nunmehr geschlossene Ventil (Widderschlag).
Bild links: Wasser bewegt sich in Richtung eines geschlossenen Ventils, -mitte: Wasser trifft auf geschlossenes Ventil,-rechts: Druckstoß
Auf Grund der Masseträgheit des Wassers kommt es im Widder zu einem gewaltigen Druckanstieg- das Druckventil zum Windkessel öffnet sich.
Dadurch strömt das Wasser nun von unten in den Windkessel und drückt die dort vorhandene Luft zusammen( Komprimierung).
Das Wasser (Triebwasser) strömt nun solange in den Windkessel, bis die vorhandene Bewegungsenergie des Wassers in Druckerhöhung umgewandelt ist.
Das Luftpolster im Windkessel federt nun die Triebwassersäule zurück- das Druckventil wird geschlossen. Im Windkessel wird praktisch ein Teil des Triebwassers gehalten, der andere Teil des Triebwassers strömt zurück und öffnet dadurch wieder das Stoßventil.
Durch eine Richtungsumkehr der Triebwassersäulenbewegung beginnt der Vorgang von neuem.
Die kinetische Energie der Wassersäule in der Triebleitung wird also in Druckenergie umgesetzt, wodurch das Wasser über das sich öffnende Druckventil in die Steigleitung gestoßen wird.
Ein Widder erzeugt wesentlich höhere Drücke ( bis zu 30 bar), als eine normale Pumpe, der Wirkungsgrad liegt jedoch nach Gefälle, Wasserzufluss und Steighöhe zwischen 50 % und 80%.
Quelle: Widdersammlung Norbert Samweber
Mit der Einführung des Elektromotors und damit auch der elektrischen Pumpe verlor der hydraulische Widder immer mehr an Bedeutung. Ausschlaggebend war auch, dass Quellwasser in einigen Regionen einfach nicht mehr trinkbar und zur Trinkwassergewinnung aus Grundwasser der Widder einfach nicht mehr einsetzbar war.
In den Ländern der Dritten Welt kommt diese Legende wieder vertärkt zum Einsatz, u.a. um eine Bewässerung der Felder zu gewährleisten.
Literaturverzeichnis:
[1] Gregory, Olynth; Darstellung der mechanischen Wissenschaften; Hemmerde und Schetschke, Halle 1825, S. 565 -566
[2] Weisbach, Julius; Ingenieur und Maschinenbautechnik: Verlag Friedrich Vieweg, Braunschweig 1851, S. 960
[3] Weisbach, Julius; Ingenieur und Maschinenbautechnik, a.a.O. S. 961
[4] Der Stoßheber von Bollée; Bericht von Tresca. Aus den Annales du Conservatoire des arts et métiers, 1864, t. V p. 43.
Bildquellen:
Abb. 1 Weisbach, Julius; Ingenieur und Maschinenbautechnik: Verlag Friedrich Vieweg, Braunschweig 1851, S. 960
Abb. 2 Weisbach, Julius; Ingenieur und Maschinenbautechnik; a.a.O. S. 962
Abb. 3 Der Stoßheber von Bollée; Bericht von Tresca. Aus den Annales du Conservatoire des arts et métiers, 1864, t. V p. 43.
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PM 11-2013