Brunnenalterung

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Brunnen-Dienst
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Brunnenalterung

Beitrag von Brunnen-Dienst » Do 10. Aug 2017, 09:27

Viele Beregnungs- und Bewässerungsbrunnen sind oft unzureichend gebohrt, ausgebaut und entwickelt. Diese Brunnen haben oft Probleme und sind manchmal schnell mit der Wasser-förderung an der Leistungsgrenze angelangt.
Unter Vernachlässigung jeglicher Vorplanung, also die Recherche bezüglich der Geologie (Aufbau der Boden und Gesteinsschichten) sowie der Hydrologie (Lage der Grundwasserhorizonte und vor allem der Grundwasserstauer) werden "Brunnen" gebohrt, geplunscht, gerammt, gegraben und mit oft billigem Verrohrungsmaterial und vielleicht auch Kiesschüttung ausgebaut. Hauptsache billig.
Auch die Behauptung von "Experten", man kenne sich in der Gegend aus und habe dort schon Brunnen gebohrt ist nicht ausreichend. Die geologische Schichtung der wasserführenden Schichten ändert sich auf kürzester Entfernung. Da hilft bei der Bohrung nur eine genaue Schichtansprache durch ausgelegte Bohr- oder Spülproben und eine anschließende Begutachtung und Analyse derselben um die Durchlässigkeit der Schichten zu Beurteilen. Erst danach kann die Einbautiefe der Filterrohre und deren Schlitzweite angegeben werden.
Die Aussage 20 m Bohrtiefe reicht, oder 5 m Wasserüberdeckung ist genug, ist leider oft falsch. Schon vor der Bohrung mitgelieferte Voll und Filterrohre mit willkürlich festgelegter Schlitzweite, z.B. 2 mm ohne eine Information des Gebirges zu haben, ist ein fachliches Armutszeugnis.
Diese Brunnen können unter sehr günstigen Umständen (Grobsand und Kies) tatsächlich funktionieren, wenn diese Schichten auch durchbohrt und vor allem auch mit entsprechenden Filterrohren sowie Kiesschüttung ausgebaut wurden.
Die Verwendung von gelochten und oder geschlitzten Kanalrohren mit Tressengewebe und am besten noch ohne Brunnenboden ist ein oft vorhandener "Standard". Diese Brunnen neigen bei Feinsandlagerung zur raschen Brunnenalterung.
Grundsätzlich ist die Verringerung der Wasserförderung durch die Verstopfung der Brunnenfilter verursacht. Der Grund für die sogenannte Brunnenalterung sind die mit dem Betriebsalter zunehmenden Leistungsminderungen. Diese werden überwiegend hervorgerufen durch Verockerungen oder Versinterungen in den Brunnenrohren, Filterschlitzen und Kiesfiltern sowie im angrenzenden Locker- oder Festgestein. Bei der so genannten Verockerung werden infolge biologisch induzierter Prozesse, chemische Ausfällungen als Eisen- und Manganoxide gebildet, die die Filterstrecken der Brunnen dauerhaft verschließen können. Je länger die anfänglichen weichen Ablagerungen im Brunnen verbleiben, werden daraus nach ca. einem bis zwei Jahren steinähnliche Inkrustierungen (z.B.Geotit), welche mechanisch nicht mehr und chemisch nur noch bedingt gelöst werden können. Die Folge ist ein Verlust der Förderfähigkeit des Brunnens.
Unter Verockerung versteht man die Ablagerung von Eisen, Mangan, Aluminium und Calcit welche durch Oxydation in sauerstoffreichem Grundwasser ausgefällt werden oder durch biologische Prozesse hervorgerufen wird. Biologisch deshalb weil durch im Grundwasser lebende Bakterien und andere Lebewesen die Inhaltsstoffe des Grundwassers verwertet werden und die Umwandlungsprodukte zu den Ablagerungserscheinungen im Brunnen führen. Dieser natürliche Prozess wird vor allem von Wasserwerken genutzt, denn die biologische Reinigung des Grundwassers durch die im Untergrund lebenden Organismen kostet nichts und ist höchst effektiv. Um Flusswasser in Trinkwasser zu verwandeln nutzt man sogenanntes Uferfiltrat. Dabei wird Flusswasser in ein nach unten offenes, mit Sand gefülltes Becken gepumpt und versickert. Das ins Grundwasser versickerte Flusswasser wird dabei von Feinstoffen gefiltert. Die Bakterien und Organismen im Grundwasser fressen dann die im Wasser verbliebenen Stoffe. Auch giftige Stoffe können diese Lebewesen umsetzten. Deshalb wird diese Methode sogar bei der Sanierung von Kontaminationen im Boden genutzt.
Warum lagern sich die Umwandlungsprodukte der Bakterien im Brunnen ab?
Wie Sie sich sicher vorstellen können ist das Leben im Untergrund mit dicht gelagertem Sand, Kies, Fels nicht so einfach. Die Bewegungsfreiheit ist wegen der minimalen Porenräume eingeschränkt. Also muss eine Bakterie von dem Leben was das Grundwasser beim Vorbeiströmen mittransportiert. Da das Grundwasser in der Regel langsam fließt, versucht das Bakterium sich an Orten aufzuhalten wo viel Wasser, schnell vorbei strömt. Da ist der Brunnen natürlich der ideale Lebensraum. Am Besten im Bereich der Kiesschüttung und an den Filterschlitzen. Hier wird das Grundwasser durch den Pumpbetrieb extrem beschleunigt und fördert somit in kurzer Zeit viel Nahrung für die Bakterien. Diese Bakterien siedeln deshalb an den Bereichen mit erhöhtem Wasserfluss und vermehren sich bei ausreichendem Nahrungsangebot relativ schnell. Die Ausscheidungsprodukte wie Eisen, Mangan, Aluminium und Calcit lagern sich in den Porenräumen der Kiesschüttung, den Filterschlitzen, im Gebirge, in der Unterwasserpumpe und der Steigleitung ab. Je größer die Ablagerungsquote desto geringer die Wasserförderung. Verockerungen sind also auch von der Wasserchemie abhängig. Je mehr Eisen oder Mangan im Wasser gelöst ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit der Verockerung.
Die Verstopfung des Filters durch Sand, auch Kolmation genannt, hat verschiedene Ursachen. Eine Möglichkeit ist die unzureichende Entwicklung des Brunnen nach Fertigstellung. Ein Brunnen sollte nach dem Bau intensiv Entsandet werden, dass bedeutet das mit einer großen Fördermenge Wasser aus einem Abschnitt des Brunnen gepumpt wird bei möglich gleichzeitiger Druckstoßeintragung um Materialbrücken im Filterkies und Gebirge aufzubrechen und abzufördern. So baut sich neben dem Brunnen ein natürliches Filtergerüst auf. Wird darauf verzichtet, ist eine rasche Alterung des Brunnes vorprogrammiert.
Um frühzeitig festzustellen ob ein Brunnen seine Leistung verliert ist eine Überwachung notwendig. Die Überwachung soll es ermöglichen, frühzeitig Veränderungen bei den Brunnen und den Förderpumpen zu erkennen um zeitnah auf solche Veränderungen reagieren zu können. Bei rechtzeitig durchgeführten Reinigungsarbeiten an den Brunnen und evtl. Reparaturarbeiten an den Brunnenpumpen, können der zu betreibende Aufwand noch relativ klein und die dafür entstehenden Kosten niedrig gehalten werden.
Die Überwachung erfolgt durch Messen der Wasserspiegel in Ruhe und im Pumpbetrieb z.B. mit einer Brunnenpfeife oder einem Kabellichtlot. Zusätzliche Daten wie die Fördermenge und bei Unterwassermotorpumpen die Stromaufnahme liefern wichtige Informationen über den Alterungszustand des Brunnen. Die gewonnenen Daten können in einem „Brunnenbuch“ tabellarisch erfasst werden.
Nach 10% Leistungsverlust sollte die Regenerierung eines Brunnen begonnen werden, spätestens nach 20%, denn die Brunnenalterung nimmt erfahrungsgemäß exponentiell zu.
Wenn die Brunnen ausreichend bemessen sind, können sie mit speziellen Verfahren zur Reaktivierung der Förderleistung gesteigert werden.
Eine hydromechanische Reinigung kann folgendermaßen durchgeführt werden:
Die einfachste mechanische Möglichkeit einen Brunnen zu regenerieren ist das Brüsten des Brunnens bei bleichzeitigem abpumpen. Dabei wird entweder eine mit einem Gewicht beschwerte Bürste an einem Seil befestigt im Filterbereich des Brunnens auf und ab bewegt. Die Bürste säubert dabei das Brunnenrohr und bedingt die Filterschlitze. Der resultierende Kolbeffekt bei der Auf- und Ab Bewegung reinigt die Filterkiese. Dies funktioniert aber nur, wenn gleichzeitig beim Bürsten auch das Wasseraus dem Brunnen abgepumpt wird. Nur so können die gelösten Stoffe aus dem Brunnen effektiv ausgetragen werden.
Durch den Einsatz einer Hochdruckinnenspülung mittels einer Hochdruckpumpe und einer zur Brunnenwand strahlenden Rotationsdüsen mit mindestens 200 bar bis 400 bar und mindestens 85 l/min bis 200 l/min kann ein Brunnen erfolgreich regeneriert werden. Wichtig ist dabei darauf zu achten, dass die Rotationsdüse nicht stehen bleibt! In diesem Fall können in Sekunden schnelle Löcher in Kunststoffrohre gestrahlt werden und der Brunnen im schlimmsten Fall total zerstört sein. Die Hochdruckspülung muss bei gleichzeitigem Abpumpen erfolgen, dann werden die Filterschlitze im Brunnen effektiv gereinigt und Ablagerungen entfernt. Eine zusätzliche und noch effektivere Regenerierarbeit im Brunnen erfolgt durch abschnittweises Abpumpen aus abgepackerten Bereichen (Intensiventsandung oder Hochleistungsentsandung) durch gekammerte Pumpen bei gleichzeitigem Eintrag von schlagartigen Druckstößen. Dadurch können Materialbrücken im Kiesfilter und im Locker- und oder Festgestein aufgebrochen werden und abgefördert werden. Dieser Prozess wird durch eine kontinuierliche Sandmessung begleitet, wodurch der Regeneriererfolg sehr gut nachgewiesen werden kann. Abschließend wird der Brunnenboden ausgesaugt.
Grundsätzlich sind mechanische Reinigungsverfahren den chemischen immer vorzuziehen, nur wenn es nicht anders geht kommt Chemie zum Einsatz!
Bei einer chemischen Regenerierung wird mit einem Kieswäscher ein Regeneriermittel, welches die Verockerungen in den Schlitzen und Filterkiesen auflöst, im Brunnen im Kreislauf abschnittweise durch die Filterstrecke gepumpt. Anschließend wird das Regenerat aus dem Brunnen gefördert und bei Bedarf neutralisiert. Abschließend wird der Brunnenboden ausgesaugt.
Wenn der Brunnen nach der Regenerierung noch viel Sand fördert und oder zu wenig Wasser, ist der Brunnen auf Dauer nicht zu retten. Dann muss von einer Fachfirma, ein neuer Brunnen gebohrt werden.
Schäden an den Brunnenrohren wie z.B. Riss, Löcher, undichte oder klaffende Rohrverbindungen können durch verschiedene Verfahren schnell und kostengünstig beseitigt werden. Durch Einbau einer Einschubverrohrung, dem Setzen einen Edelstahlmanschette oder einer Glasfasermanschette sind die Probleme schnell behoben.
Unterwassermotorpumpen sind Maschinen welche regelmäßig geprüft und in Augenschein genommen werden sollten, sonst ist ein plötzlicher Pumpenausfall vorprogrammiert.
Wenn all diese Punkte beachtet werden, ist eine ausreichende Wasserversorgung für die Bewässerung sichergestellt.
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Plunschmeister
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Re: Brunnenalterung

Beitrag von Plunschmeister » Fr 11. Aug 2017, 10:37

Guten Tag Brunnen-Dienst,
besten Dank für eure informativen Beiträge. Besteht die Möglichkeit, die umfangreichen Informationen, unseren Usern durch einige Bilder etwas zu veranschaulichen?
Denkbar sind hier Bilder von Verockungen der Filterstrecke, Versinterungen, Fremdkörper, Pumpen, etc.
Noch interessanter wären natürlich Kamerafahrten.
Bilder bitte über www.picr.de hochladen.
„Das Wasser ist die Kohle der Zukunft" Jules Verne (1870)
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Gruß PM
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